Unterwegs im Kraichgau & Naturpark Stromberg-Heuchelberg
von Anna Schütz
Nachdem wir die ersten beiden Tage den Odenwald und das Neckartal erkundet haben, sind wir nun unterwegs im Kraichgau und dem Naturpark Stromberg-Heuchelberg.
Hier sieht es aus wie in Italien – dabei sind wir fast 1000 Kilometer weiter nördlich. Wie eine grüne Insel liegen Kraichgau und Stromberg zwischen Karlsruhe, Mannheim, Heilbronn und Stuttgart und ihren Autobahnen. Viel zu viele Menschen sind so sicher schon häufiger an den entsprechenden Ausfahrten vorbeigefahren, ohne auch nur zu ahnen, was sie verpassen. Schon bei unserer Ankunft verstand ich sofort, warum die Gegend hier auch die badische Toskana genannt wird. Das milde Klima macht einen mediterranen Eindruck, fruchtbare Weinberge schmiegen sich an sanfte Hügel und wechseln sich ab mit Streuobstwiesen, Feldern und Wäldern und überall verteilt warten wie hübsche Tupfen malerische Ortschaften auf Erholungsuchende, Genießer, Rad- oder Wanderfans. Wir haben zwar nur ein Wochenende im Kraichgau/Stromberg verbracht, waren aber in dieser kurzen Zeit ganz weit weg vom Alltag und haben uns schlicht in dieses Land der 1000 Hügel verliebt.
Gravel-Bike-Tour zum Kloster Maulbronn
Am ersten Tag unseres Aufenthaltes wollten die jugendlichen Kinder einfach ein paar chillige Stunden am See an der Ehmetsklinge verbringen. Für die Erwachsenen ging es derweil aufs Rad. Doch nicht auf irgendein Rad: Die Region ist bekannt für ihre Touren auf dem Gravel-Bike, das sich in den letzten Jahren zum echten Must-have entwickelt hat. Ob Straße oder Schotter, Weinberge, kleine Pässe oder einfache Trails – mit dem Gravel hat man immer das richtige Bike unter dem Hintern. Alle Wege sind gut befahrbar und selbst die asphaltierten sind so einsam oder schön, dass man es verschmerzen kann. Und neben der sportlichen Herausforderung für Beine und Puste warten eine Vielzahl an kulturellen und kulinarischen Highlights auf die Graveler. Die Routen führen vorbei an verwunschenen Burgruinen, mittlelalterlichen Dörfern und historischen Altstädten, Museen, Schlössern und Aussichtstürmen, durch Naturparks und zu Badeseen. Außerdem laden diverse Landgasthöfe und die für die Gegend so typischen Besenwirtschaften ein, regionale Spezialitäten zu kosten und vielleicht auch, ein Glas Wein zu trinken. Uns führt der Weg beispielsweise zum weltberühmten Kloster Maulbronn, dessen Ursprünge im 12. Jahrhundert liegen. Das UNESCO-Weltkulturerbe zählt zu den am besten erhaltenen Klosteranlagen des Mittelalters nördlich der Alpen. Wir drehen eine Runde durch den von Türmen und Mauern umschlossenen Klosterhof, um den sich Gebäude unterschiedlicher architektonischer Stilrichtungen versammeln. Uns begeistert vor allem der gotische Kreuzgang und die Vorhalle der Klosterkirche. Aber ob der in die Wand gekratzte Namenszug wirklich von Friedrich Hölderlin selbst stammt, der hier wie Johannes Kepler und Hermann Hesse gelebt und gelernt hat?! Wir verlassen die Mauern und treten fest in die Pedale, um den klostereigenen Weinberg zu erklimmen und die Aussicht von oben zu genießen.
Baden an der Ehmetsklinge
Am Nachmittag stoßen wir dann zu unseren Kindern an der Ehmetsklinge. Vor 20 Jahren als Hochwasserschutz angelegt, hat sich der Badesee zu einem beliebten Familienausflugsziel entwickelt. Er liegt mitten im Naturpark Stromberg-Heuchelberg, dem die Flüsse Lein, Zaber und Kirchbach, Metter und Enz mit ihren Tälern die Form einer wie zum Gruß geöffneten Hand geben. Auf den Nordhängen und Hügelrücken wachsen naturnahe Laubwälder, an den Südhängen reifen Trauben an den Reben und in den Tälern wechseln sich hübsche Dörfer, saftige Wiesen und Gewässer ab. Es ist dieses harmonische Wechselspiel, das die Gegend so einzigartig macht und bei dessen Anblick man sich sofort wohlfühlt, auch wir. Die Kinder toben am Stausee, springen, schwimmen und spielen Frisbee am Naturstrand. Und nachdem sie noch eine Runde mit dem SUP übers Wasser gedreht haben, sind sie bereit für einen Besuch in der WildkatzenWelt. Hier erwartet sie allerdings kein Gehege mit den wilden Samtpfoten, sondern eine erlebnispädagogische Ausstellung, die sogar unsere großen Kinder begeistert. 
Im Naturpark Stromberg-Heuchelberg
Unter dem Motto „Entdecke das Phantom des Strombergs“ lernen große und kleine Gäste den Unterschied zwischen Wild- und Hauskatzen kennen, können Felle befühlen und Skelette bestaunen. Sie lernen, wie man Wildkatzen in einem Gebiet nachweisen kann und warum sie den Geruch von alten Socken mögen. Sie tauchen ein in die Welt der Katzensinne und kommen dabei auch ihren eigenen auf die Spur: Welche Frequenzen können wir wahrnehmen? Wer hört auch noch Töne im Bereich von 15.000 Hz? Das schaffen nämlich meist nur noch jüngere Menschen unter 35 Jahren; wer 20.000 Hz hört, hört schon richtig gut. Aber Ohren wie ein Luchs oder eben eine Wildkatze haben wir damit noch lange nicht. Denn Jungkatzen können Töne bis zu 100.000 Hertz hören.
Kanufahren auf der Enz
Der nächste Tag führt uns in den Süden der Region - wieder aufs Wasser: Die Enz lockt uns bei Bietigheim aufs Wasser. Bei den „Zugvögeln“ leihen wir uns Kanus und paddeln eine Runde auf dem gemütlichen kleinen Flüsschen. Die Enz ist ein 105 Kilometer langer Nebenfluss des Neckar, die idyllisch und weitgehend naturbelassen durch den nördlichen Schwarzwald bis Besigheim fließt. Wir lassen die Boote kurz vor dem imposanten Viadukt in Bietigheim zu Wasser. Da die Fließgeschwindigkeit hier nicht sehr hoch ist, können auch Neulinge ganz entspannt sein. Die Tour führt durch eine sehr reizvolle Auenlandschaft, die vielen Tieren und Pflanzen ein Zuhause bietet. Im, am und auf dem Wasser und den Kiesbänken gedeihen hier seltene Vogelarten, Pflanzen und Fische. Die Kinder halten Augen und Ohren offen, vor allem um einen Eisvogel zu entdecken. Doch sie werden leider nicht fündig. „Beim nächsten Mal vielleicht?!“, sagt meine Tochter. Und ich schlage ein, denn Wiederkommen wollen wir gewiss!
Besuch im Erlebnispark Tripsdrill
Aber bei allem Interesse für Kultur und Geschichte, Wanderungen und Wildvögel – auf meine Frage, was denn nun das Schönste an den Ferien gewesen sei, rufen beide einstimmig: „Der Freizeitpark Tripsdrill!“ 
Seit Eugen Fischer 1929 mit der Altweibermühle den Grundstein für Deutschlands ersten Freizeitpark legte, hat sich Tripsdrill stets weiterentwickelt und modernisiert, ohne dabei seinen Prinzipien Originalität, Qualität und Authentizität untreu zu werden. Mit dem Motto „Schwaben anno 1880“ nimmt Tripsdrill zwischen Ludwigsburg und Heilbronn eine Sonderstellung unter den Freizeitparks ein und wurde schon mehrfach als bester Themenpark Europas ausgezeichnet. 
Das alles interessiert meine Zwillinge nicht sonderlich, wenngleich sie schon bemerkt haben, dass die Atmosphäre mit den vielen Bäumen und Wiesen und direkt unterhalb der Weinhänge ganz besonders ist. Sie orientieren sich vorrangig an den Loopings und Steilabfahrten der fünf Achterbahnen des Parks: Seit ihrer Einweihung 2008 ist die Holzachterbahn „Mammut“ einer der Publikumslieblinge. Und auch ich fand die 30 Meter hohe Attraktion sehr imposant, zumal ich weiß, dass zwei Millionen Spezialnägel verbaut wurden. 
Johan und Mieke begeisterten sich für das Gefühl, mit 80 Sachen durchs Gebälk zu brettern. Im Auto auf der Rückreise fachsimpeln sie, welche der fünf Achterbahnen die beste gewesen ist. Als Siegerin geht die erst im Juni in Betrieb genommene Hängeachterbahn „Hals über Kopf“ vom Platz, deren Streckenverlauf sich mehrfach mit dem Verlauf der ebenfalls neuen Familienachterbahn „Volldampf“ kreuzt. Die vier Überschläge auf der knapp 800 Meter langen Strecke finden direkt über den Köpfen der anderen Besucher und Besucherinnen des Parks statt und sind einfach das Highlight dieses schönen und ältesten Freizeitparks Deutschlands: „Das war Wahnsinn!“, finden beide und waren sich selten so einig.

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